Schlupfwespen – warum Wespen nicht nur nerven

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Das Thema des heutigen Beitrags ist inspiriert von einem Gespräch, das ich mit Freunden in einem Cafe vor kurzem hatte.

Foto einer gemeinen Wespe - Vespa Vulgaris (Foto von Ingo Doerrie via unsplash)

Vespa Vulgaris (Foto von Ingo Doerrie via unsplash)

Und zwar wurden wir belästigt von einer gemeinen Wespe, also einer nicht gemeinen im Sinne von „die ist total gemein“, sondern das Tierchen heißt „Gemeine Wespe“ im Sinne von „ordinäre“ Wespe – die vespa vulgaris. Das ist dieses typische gelb schwarz gestreift Mistvieh, das uns im Sommer schon mal gerne nervt.

Es kam dann im Gespräch zu den Fragen:

Welchen Sinn haben Wespen? Was machen Wespen? Warum gibt es Wespen im Ökosystem?

Und da ich mir vor kurzem die Schlupfwespen genauer angeschaut habe, möchte ich die zum Thema machen – denn Wespen sind verdammt wichtig. Das gilt auch für genanntes schwarz gelb gestreifte Mistvieh, aber eben auch für sämtliche anderen Wespen. Diese ordinäre Wespe, wie wir sie kennen, steht stellvertretend für eine Familie von Insekten mit tausenden Spezies. Die meisten wollen nichts von uns, wir sind ihnen total egal, und die sind unfassbar wichtig für das Ökosystem.

Und deshalb steigen wir jetzt ein mit Schlupfwespen.

Foto einer parasitären Wespe (Foto von James Wainscoat via unsplash)

Parasitäre Wespe (Foto von James Wainscoat via unsplash)

Was ist eine Schlupfwespe?

Eine Schlupfwespen ist eine Wespe, die ihre Eier in andere Insekten legt.

Grundsätzlich bilden nicht alle Wespen Staaten. Diese Wespe, wie wir sie kennen, sind ja bekannt dafür, dass sie Nester bzw. Staaten bilden und in riesigen Zahlen auftreten.

Andere Wespen machen das auch, aber sehr, sehr viele Wespen leben solitär und dazu zählen auch die Schlupfwespen. Sie bilden keine Staaten, haben kein Interesse an unserem Picknick und treten nicht in Schwärmen auf. Und durch die Verhaltensweise, ihre Eier in anderen Insekten abzulegen, können sie uns sogar in der Bekämpfung von Schädlingen helfen und bieten so unter Umständen ökologische Alternativen zu Insektiziden. (Letzteres ist immer mit Vorsicht zu genießen, weil dadurch gerne invasive Spezies eingeführt werden – Das ist aber Thema für einen anderen Beitrag)

Kurz zur Systematik: Es gibt einmal die Familie der „echten Schlupfwespen“ und die Überfamilie dazu, die „Schlupfwespenartigen“. Die Tiere, die ich mir heute anschaue, sind nicht alle „echte Schlupfwespen“ (Ichneumonidae) , sondern wir schauen uns die „Schlupfwespenartigen“ (Ichneumonoidea) an.

Dafür habe ich 5 Tierchen rausgesucht, die ich euch nun genauer vorstelle

1 – die Holzwespenschlupfwespe

Das erste Tierchen, das wir uns heute genauer anschauen werden, ist die Holzwespen-Schlupfwespe. Wie der Name schon vermuten lässt, ist die Holzwespe ihr Wirt. Der wissenschaftliche Name für dieses Schlupfwespen ist Rhyssa persuasoria.Die gibt es tatsächlich auch hier in Europa, die habe ich selber auch schon gesehen. Und wenn man Schlupfwespen googelt, ist sie mit die erste, die auftaucht.

Sticker mit Holzwespen-Schlupfwespe

Sticker mit Holzwespen-Schlupfwespe

Die Holzwespe selbst, der Wirt der Holzwespen-Schlupfwespe, befällt Bäume und die Larven fressen sich durch die Rinde. Die Holzwesoen-Schlupfwespen tastet die Rinde mit ihren Fühlern ab und bohrt dann wirklich sehr präziser durchs Holz in die Larve und legt ihre Eier. Dabei trifft sie nicht nur Larven, die sich bewegen, die man vielleicht auch hören könnte, sondern auch unbeweglich Puppen.

Deswegen geht man davon aus, dass sie an wird am Geruch entdeckt. Wie genau sie da vorgeht, das ist noch nicht ganz geklärt. Manchmal finden auch Probebohrungen statt.

Und damit steht die Holzwespen-Schlupfwespe stellvertretend für alle Schlupfwespen, die Holzschädlinge befallen und damit dafür sorgen, dass unsere Wälder nicht von Schädlingen zerstört werden.

2 – in den Ameisenbau mit Ichneumon Eumerus

Kommen wir zur zweiten Wespe für heute und das ist mit eine meiner Lieblinge: Ichneumon Eumerus. Die hat tatsächlich keinen deutschen Namen und ich finde, sie klingt ganz wunderbar nach einem Digimon.

Sticker mit Ichneumon Eumerus

Sticker mit Ichneumon Eumerus

Diese Wespe ist ein sogenannter Hyperparasit, das heißt sie befällt andere Parasiten. In dem Fall die Larven des Kreuzenzian-Ameisenbläulings, also Schmetterlingsraupen.

Dieser Schmetterling hat an sich eine sehr spannende Strategie gefunden, um seine Raupen geschützt zu wissen. Die Raupen imitieren Pheromone von Ameisen in der Nähe. So riecht die Raupe wie eine Ameisenlarve. Die Ameisen sind der Meinung, sie hätten eine ihrer Larven gefunden und tragen die Schmetterlingsraupe in ihren Bau. Dort wächst die Raupe heran, fügt den Ameisen keinen großen Schaden zu und krabbelt dann als Schmetterling aus dem Bau heraus.

Damit hat der Schmetterling einen großen Schritt geschafft, der der Wespe noch bevorsteht: er ist in den Ameisenbau eingedrungen, ohne von den Ameisen getötet zu werden. Die Wespe nutzt dafür ebenfalls Geruchsspuren, also Pheromone. Allerdings verwirrt sie die Ameisen und bringt sie gegeneinander auf, so dass die Wespe unbeschadet vorbeikrabbeln kann.

Dann bringt sie die Bruthöhle ein, wo die Larven der Ameisen liegen. Hier liegt auch diese eine Schmetterlingsraupe, auf der die Wespe nun ihr Ei ablegt.

Das Spannende hierbei ist, dass die Wespe nur in Ameisenbauten eindringt, in denen bereits Schmetterlingsraupen sind. Das heißt sie kann von außen feststellen, ob ihr Wirt vorhanden ist oder nicht.

Ich finde es echt faszinierend, dass beide – Schmetterling  und Wespe – auf ihre Weise den Weg in den Ameisenbau finden und da ihr Ding machen, während die Ameisen davon gar nichts mitbekommen.

3 – Schädlingsbekämpfung mit aphidius colemani

So kommen wir zu Wespe drei von fünf:  und diesmal schauen wir uns Aphidius colemani an. Das ist eine Wespe, die Blattläuse befällt und tatsächlich zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt wird.

Sticker mit Aphidius Colemani

Sticker mit Aphidius Colemani

Wie gesagt, so etwas ist mit Vorsicht zu genießen, weil so gerne invasive Spezies eingeschleppt werden. Aber ich stelle euch trotzdem einmal vor.

Sie parasitiert mehrere Blattläusearten, was sie sehr effektiv macht und sie ist sehr schnell dabei.

Sie hat die Blattläuse mit den Fühlern noch nicht ganz ertastet, da hat sie schon ein Ei reingelegt. Die Larve wächst dann in der Blattläuse heran und hinterlässt nur eine mumifizierte Hülle. Das klingt ziemlich eklig, aber in der Schädlingsbekämpfung gewollt und eine der „saubereren“ Lösungen.  

Diese Schlupfwespe wird tatsächlich auch als ökologische Schädlingsbekämpfung im Internet zum Verkauf angeboten.

Ich habe allerdings bei diesen Angaben nicht herauslesen können, was es für eine Art ist. Oft steht nur dabei Blattlaus-Schlupfwespe und nicht genaue Art. Die Angabe, wo die Wespe herkommt und wo sie heimisch ist, steht auch oft nicht dabei.  Deswegen sollte sie wirklich nur im Innenraum oder in Gewächshäusern genutzt werden, damit sie sich nicht in Gebieten ausbreitet, in denen sie nicht heimisch ist.

Ein schönes Beispiel dafür, wie wir uns Wespen zunutze machen und wie Wespen für uns ein Nutzen haben können.

4 – Spinnenzombies in Ecuador?

Wespe vier von fünf und diesmal beginnen wir beim Wirt. Es geht um eine Spinne namens Anelosimus eximius. Diese Spinne lebt in Ecuador, und zwar in Kolonien.

Das ist recht ungewöhnlich für eine Spinne. Es sind mehrere Individuen, die gemeinsam leben und die Kolonie wird nur extrem selten verlassen. Also wenn eine Spinne von dieser Kolonie wegkrabbelt, ist das ein sehr untypisches Verhalten für diese Art.
 Unsere Schlupfwespe Zatypota percontatoria befällt nun exakt diese Spinne.

Sticker mit Zatypota Percontatoria

Sticker mit Zatypota Percontatoria

Sie lebt natürlich auch in Ecuador und legt ihre Eier auf die Spinne. Die Larve sitzt von außen auf dem Körper der Spinne und ernährt sich Stück für Stück vom ihr. Dabei wird der Wirt bis zur Verpuppung der Wespe am Leben gehalten. Und das Spannende ist: Sie wird zum Zombie.

Die Larve manipuliert das Verhalten der Spinne so, dass die Larve geschützt ist. Vermutlich geschieht das über Hormone, das ist aber nicht 100 % erforscht. Kurz vor der Verpuppung der Larve verlässt die Spinne ihre Kolonie und spinnt einen Kokon für die Larve. In diesem Kokon verpuppt sich die Larve, tötet die Spinne, schlüpft dann als Wespe aus dem Kokon.

Das Ganze jetzt weniger Nutzen für uns, aber ich fand einfach dieses Zombie Verhalten spannend. Das hat man bei Wespen häufiger und das ist auch etwas, wo ich vielleicht gerne mal Interview machen würde zum Thema.

5 – geht auf Tauchstation – die Wasserschlupfwespe

Die letzte Wespe für heute und das Vieh schwimmt.

Diese Wasserschlupfwespe ist in Europa verbreitet und sie geht zur Eiablage auf Tauchstation. Bis zu 30 Zentimeter tief krabbelt ins Wasser und sucht nach Köcherfliegenlarven

Sticker mit Wasserschlupfwespe

Sticker mit Wasserschlupfwespe

Die Köcherfliegenlarve kennt ihr bestimmt: Wer schon mal im Bach geplanscht hat, dem sind sie vermutlich aufgefallen. Köcherfliegenlarven bilden einen Köcher mit kleinen Steinchen und Stöckchen.

Also diese kleinen krabbelnden Holzstücke oder krabbelndem Steinhaufen, das sind die Larven, nach der unsere Wespe (Agriotypus armatus)  sucht.

Auf Tauschstation ist die Wespe von einem dünnen Luftfilm umhüllt. Sie verschont jüngere Larven befällt hauptsächlich ältere und verpuppt der Exemplare. Dann lässt sich wieder an die Wasseroberfläche treiben. Durch den Luftfilm kann die Wespe 15 Minuten unter Wasser bleiben

15 Minuten sind aber nicht lange genug für ihre Eier, um zu schlüpfen, zu wachsen und sich zu verpuppen. Das heißt, die Wespenlarve hat nicht diesen Luftfilm, sondern sie lebt davon, dass die Fliegenlarve sich bewegt und dabei sie mit frischem Wasser und Sauerstoff versorgt.

Überzeugt?

Das war jetzt sehr viel Wespen Content, mal mehr mal weniger mit Nutzen verbunden für uns. Aber ich hoffe euch ist ein bisschen klar geworden, dass Wespen nicht nur nervig sind, sondern ihren Platz im Ökosystem durchaus verdient haben. Unter anderem dadurch, dass sie Bestände von anderen Insekten kontrollieren.

Lasst mir einen Kommentar oder eine Nachricht da, wenn ihr was korrigieren wollt, besser wisst, was anderes wisst, was Spannenderes wisst, was Spannenderes wissen wollt – meldet euch!

Bis dahin, tüdelü.

Ps.: sollten dir die gezeigten Sticker gefallen, einfach auf das jeweilige Bild klicken und unter www.anjoillu.de shoppen! 😉


Meine Quellen:

  • Allgemein
    „Wasps“ von Eric R. Eaton
    „The Sting of the Wild“ von Justin O. Schmidt
    https://de.wikipedia.org/wiki/Schlupfwespen
    https://de.wikipedia.org/wiki/Schlupfwespenartige
    Bild der Wespen via Unsplash:
    https://unsplash.com/@ingodoerrie und https://unsplash.com/@tumbao1949
  • 1 Holzwespen-Schlupfwespe
    https://de.wikipedia.org/wiki/Holzwespen-Schlupfwespe
    https://www.youtube.com/watch?v=pnUS0iEXA54
  • 2 Ichneumon Eumerus
    https://de.wikipedia.org/wiki/Ichneumon_eumerus
    https://de.wikipedia.org/wiki/Kreuzenzian-Ameisenbl%C3%A4uling
    https://www.youtube.com/watch?v=SLvuevf__Ok
  • 3 Aphidius Colemani
    https://www.youtube.com/watch?v=StSO7LSzzAw
    https://en.wikipedia.org/wiki/Aphidius
  • 4 Zatypota Percontatoria
    http://www.sci-news.com/biology/zatypota-parasitoid-wasp-social-spiders-zombies-06654.html
    https://en.wikipedia.org/wiki/Zatypota_percontatoria
    https://www.vice.com/de/article/zmdzgx/wespen-verwandeln-spinnen-in-willenlose-zombies-parasiten-ecuador
  • 5 Wasserschlupfwespe
    https://de.wikipedia.org/wiki/Wasserschlupfwespe
    https://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%B6cherfliegen
    https://de.wikipedia.org/wiki/Plastron_(Biologie)

Wasps: The Astonishing Diversity of a Misunderstood Insect“ by Eric R. Eaton

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Anna

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